Russland boykottieren!
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Seit mehr als acht Jahren führt Russland einen Krieg gegen die Ukraine. Seit dem 24. Februar werden friedliche Städte weit hinter den Frontlinien beschossen. Dieser Tag markierte den Beginn einer neuen Invasion — der Krieg war nun in vollem Gange.
Seit Beginn der Invasion begeht Russland Völkermord. Es hat systematisch Folterungen und Vergewaltigungen an der Zivilbevölkerung gebilligt und systematisch eingesetzt [1,2,3]. Russland betreibt ein Netz von Filtrationslagern, deportiert UkrainerInnen gewaltsam tief nach Russland und entführt ihre Kinder zwecks “Russifizierung”. Die russische Armee hat Zwangsmobilisierungen durchgeführt und Ukrainer als Kanonenfutter gegen ihre eigenen Mitbürger eingesetzt.
Die willkürlichen Angriffe der Russischen Föderation auf zivile Ziele sind Teil ihrer Strategie und keine zufälligen Exzesse. Mehr als 10 Millionen Menschen sind jetzt auf der Flucht, ganze Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht und Zehntausende von Zivilisten wurden getötet.
Das Ausmaß der Invasion und sogar die Invasion selbst, kamen für die meisten Beobachter überraschend, da sie für die russische Wirtschaft und Außenpolitik eine offensichtliche Katastrophe darstellt (1,2,3).
Der Grund für die Invasion liegt auf politischer und ideologischer Ebene (1,2). Nicht nur die Eliten an der Spitze, sondern auch die Mehrheit der russischen Gesellschaft unterstützte und unterstützt weiterhin die revanchistischen Ideen der Wiederherstellung früheren Gewaltigkeits und der Eroberung “verlorener” Gebiete.
Alle militärischen Interventionen der letzten zwanzig Jahre (Tschetschenien, Georgien, Ukraine, Syrien, Libyen, Zentralafrikanische Republik, Armenien und Aserbaidschan, Kasachstan etc.) sind in der Öffentlichkeit nicht auf ernsthafte Ablehnung oder Widerstand gestoßen, sondern haben im Gegenteil das Ansehen der Regierung und von Präsident Putin weiter gestärkt.
Die russische Staatsideologie, die von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird, beruht auf der Ablehnung des Westens und der eingebildeten Überlegenheit gegenüber den Ländern der Peripherie. Der politische Einfluss Russlands in der Region und darüber hinaus umfasst die Unterstützung bestimmter Diktatoren und Autokraten sowie extrem rechter Bewegungen und Ideen: patriarchalische Einstellungen und Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Nationalismus “staatsbildender” Nationen, Autokratie (1,2,3,4,5,6,7).
Neben direkten militärischen Interventionen hält Russland auch bestehende lokale Konflikte am Köcheln und schürt in seinem Interesse neue Konflikte (1,2,3,4,5). Dies führt nicht nur zu einer großen Zahl von Opfern, sondern lenkt auch ganze Gesellschaften in Richtung Nationalismus, Autokratie und Militarisierung. Positive soziale und oft auch wirtschaftliche Veränderungen sind unter solchen Umständen immer weniger möglich.
All dieser “Glanz” wird seit Jahren von westlichen Ländern und dem Kapital unterstützt. Die russische Wirtschaft basierte auf dem Verkauf von kohlenwasserstoffbasierten Energieträgern an westeuropäische Länder. Billiges russisches Gas war viel wichtiger als “europäische Werte”. Die NATO und konservative Politiker haben davon stets profitiert, ein Feindbild zu haben, das half, die Wählerschaft zu mobilisieren und Ausgaben für militärische Projekte zu rechtfertigen.
Die Linken unterstützten die antiimperialistische Agenda, die rechten Parteien wurden direkt vom Kreml finanziert. Die Unternehmen waren damit beschäftigt, neue Märkte zu erschließen und ihre Gewinne zu steigern. Es waren westliche Unternehmen, die die Lücken in der verfallenden noch sowjetischen Infrastruktur füllten. Schlüsselbereiche der Wirtschaft wurden so mit fehlenden Technologien und Ausrüstungen versorgt. (1,2,3,4,5).
Nicht nur die russische Propaganda, sondern auch die westlichen Medien haben den Mythos von Russland als einem starken und gefährlichen Akteur aufrechterhalten, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte. Doch entgegen der landläufigen Meinung ist Russland ein wirtschaftlich schwacher und abhängiger Staat. Trotz seiner enormen Größe und der vorhandenen natürlichen Ressourcen ist Russland nicht in der Lage, sich ohne wirtschaftliche Beziehungen zum Westen auf Dauer über Wasser zu halten.
Die russische Armee galt seit vielen Jahren als das zweitstärkste Militär der Welt. Reale Kampfeinsätze haben jedoch gezeigt, dass ihr militärisches Potenzial stark überschätzt wird.
Die russischen Streitkräfte verfügen einfach nicht über genügend Präzisionswaffen und gut ausgebildete Soldaten, um komplexere Operationen durchführen zu können. Der Feuerwalze bleibt die Haupttaktik des Vormarsches und bringt eine große Zahl von Opfern und Zerstörung mit sich. Soldaten und Offiziere werden Kriegsverbrechen begehen, nicht nur, um die Ukrainer einzuschüchtern, sondern auch, weil sie einfach nicht anders kämpfen können. Dies gilt umso mehr, als die Mehrheit der russischen Gesellschaft entweder passiv bleibt oder den Völkermord an den Ukrainern gutheißt.
Das gesamte russische politische System ist auf Putin und seine Clique verschlossen. Das große Kapital ist in den Händen loyaler Unternehmer, die keine eigene politische Relevanz besitzen und in allen wichtigen Fragen auf den Willen des Kremls achten. Unter Beamten und in den Sicherheitsdiensten fand lange Jahre eine Auslese auf der Basis von Loyalität und mangelnder Initiative statt. Es ist nicht zu erwarten, dass innerhalb des gegenwärtigen Systems Kräfte auftauchen, die in naher Zukunft einen Umsturz organisieren oder gar den Krieg beenden könnten.
Die russische Gesellschaft führte sogar bis zur Ankündigung der Mobilisierung ein “normales Leben”. Sie löste auch nicht in allen Regionen Proteste und nur eine kleine Welle von Sabotageakten aus.
Die organisierte Opposition, die sich derzeit vor allem verbal gegen den Krieg ausspricht, teilt im Prinzip den Konsens über die Notwendigkeit, Größe und Macht des Staates wiederherzustellen. Selbst jetzt geht es ihr mehr um den Kampf um die Macht als um Antikriegsaktivitäten.
Die Antikriegsbewegung von unten kann nicht ignoriert werden und sollte mit allen Mitteln unterstützt werden, aber leider können wir nicht darauf hoffen, dass sie den Krieg in absehbarer Zeit stoppen kann.
In Russland hat sich ein politisches System etabliert, das auf Revanchismus und Ressentiments basiert. Dieses System impliziert ein unaufhörliches Streben nach militärischer Expansion. Es besteht keine Hoffnung, dass sich dieses System in naher Zukunft von innen heraus ändern wird. Um den Krieg zu beenden und neue Kriege zu verhindern, ist es daher notwendig, die Ukraine mit allen Mitteln zu unterstützen und Russland langfristig die Möglichkeit zu nehmen, zukünftige Kriege zu führen.
Ein direkter militärischer Zusammenstoß zwischen NATO-Staaten und Russland könnte zu einem Atomkrieg mit unvorhersehbaren Folgen führen. Aber es muss nicht bombardiert werden, um Russland seiner militärischen Fähigkeiten zu berauben — die Unterstützung des ukrainischen Widerstands und Wirtschaftssanktionen, oder besser noch ein vollständiges Embargo, würden ausreichen.
Leider können die Sanktionen keine unmittelbare Wirkung entfalten, aber sie zeigen Wirkung. Der militärisch-industrielle Komplex Russlands ist ein direkter Nachfahre des sowjetischen und ist hauptsächlich mit der Reparatur, Wartung und Modernisierung von Ausrüstung der Sowjetära beschäftigt. Er ist nicht in der Lage, neue Rüstungsgüter in großem Maßstab herzustellen. Dennoch ist er in hohem Maße von der Lieferung westlicher Komponenten abhängig, auch wenn noch einige Zeit mit den angesammelten Ressourcen gearbeitet werden kann.
Die russische Armee leidet bereits unter einem Mangel an Granaten und Langstreckenraketen. Sie verwendet Ausrüstung aus den 1950er und 1960er Jahren und hat es versäumt, wirklich moderne schwere Ausrüstung (wie SU-57-Flugzeuge oder Armata-Panzer) einzuführen. Jetzt versucht sie verzweifelt, Waffen aus Ländern wie Iran und Nordkorea zu beschaffen. (1, 2, 3, 4, 5)
Die Sanktionen von 2014 haben die Zusammenarbeit mit Russland im militärisch-industriellen Komplex zwar nicht unmöglich gemacht, aber erheblich erschwert. Wie wir nach sechs Monaten Krieg und bestätigt durch Aussagen von direkt Beteiligten ersehen können ist die 2008 begonnene Modernisierung der russischen Streitkräfte an Sanktionen, Korruption und Ineffizienz des Management gescheitert.
Dies sind die Faktoren, die es der Ukraine derzeit ermöglichen, die russische Invasion abzuwehren und weitere Opfer unter der Zivilbevölkerung zu verhindern.
Wären bereits 2014, geschweige denn 2008, ernsthafte Sanktionen gegen Russland verhängt worden und wären die europäischen Gesellschaften und Regierungen weniger “pazifistisch” (d.h. pro-russisch) eingestellt gewesen, hätte dieser Krieg wahrscheinlich ganz vermieden werden können.
Dies ist eine weitere Erinnerung daran, dass weder Sanktionen noch Embargos ohne Druck von unten funktionieren. Deshalb brauchen wir öffentliche Aktionen und eine Kampagne für eine vollständige wirtschaftliche Isolierung Russlands.
Die Russische Föderation fördert konservative Werte, Autoritarismus und behindert den positiven sozialen Wandel, wo immer sie kann. Neben dem Kaukasus, dem Nahen Osten und Zentralasien baut die Russische Föderation ihre Präsenz in Nord- und Zentralafrika zunehmend aus. Dabei stützt sie sich in erster Linie auf die militärische Präsenz und die militärische Unterstützung autoritärer und menschenverachtende Regime. Russland ist damit natürlich nicht allein, aber je geringer die militärischen Fähigkeiten eines der Agenten des Imperialismus und der Militarisierung sind, desto größer sind die Möglichkeiten für einen positiven sozialen Wandel in der ganzen Welt.
Die Niederlage und Entmilitarisierung Russlands wird nicht nur den Krieg mit der Ukraine beenden. Ohne die Unterstützung Russlands werden viele extrem rechte Parteien und Bewegungen in der Region schwächer werden, und autoritäre Regime werden gezwungen sein, ihre Politik in Richtung Demokratisierung zu revidieren oder werden ganz aufhören zu existieren.
Alle Ressourcen, die nach Russland fließen, unterstützen den Status quo, d. h. den Krieg. Dieser Fluss muss vollständig gestoppt werden. Alle wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland müssen gekappt werden, ganz gleich, welchen Profit sie auch bringen mögen.
Wir fordern Sie auf:
— öffentlichen Aktionen, Blockaden und Informationsveranstaltungen durchzuführen
— Informationen über die Zusammenarbeit lokaler Unternehmen mit dem russischen militärisch-industriellen Komplex zu ermitteln und zu verbreiten. Wir werden Informationen über diese Verbindungen für einzelne Land und für die transnationale Ebene sammeln und veröffentlichen.
— den Aufenthalt von russischen Unternehmen und Staatsdienern in ihrem Land sichtbar zu machen. Besetzen Sie Immobilien von russischen Bonzen, greifen Sie deren Eigentum an, stören sie Auftritten von Personen, die mit dem russischen Staat und dem Kapital verbunden sind. Vergessen Sie nicht, dass Russia Today ein staatlicher russischer Fernsehsender ist.
— nicht die Augen davor zu verschließen, dass es nicht nur in der Rechten, sondern auch in der westlichen Linken genügend Leute gibt, die Putins Regime und andere menschenverachtende Regime aktiv unterstützen. Die Diskussion darüber ist längst überfällig und jetzt besteht die Chance sich endlich von diesem rotbraunen Abschaum befreien.
— den ukrainischen Widerstand und die Flüchtlinge direkt und durch Spenden zu unterstützen.
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